Haftung des Veranstalters eines Reitturniers

Anmerkung zu BGH 3. ZS Urt. vom 23.09.2010, Haftung des Reitvereins:
Bei einem Reitturnier startete die Tochter des Klägers mit der Stute ihres Vaters in einer Springpferdeprüfung der Klasse M. Am Ende des Parcours war eine Kombination bestehend aus einem Oxer und einem Steilsprung aufgebaut. Nachdem die Stute den Oxer übersprungen hatte, kollidierte sie mit einem rechts neben dem Steilsprung aufgestellten Fangständer. Der Fangständer war eine fest verschraubte Holzkonstruktion mit einem Eisenfuß, das obere Ende des Fangständers lag einige Zentimeter niedriger als das zu überwindende Hindernis. Beim Überspringen des Fangständers stieß die Stute gegen die Konstruktion und erlitt schwere Verletzungen im Kniebereich und musste nach erfolgloser tiermedizinischer Behandlung eingeschläfert werden.
Der Kläger verlangt vom beklagten Veranstalter Schadensersatz in Höhe des behaupteten Pferdewertes von 100.000 €, wegen Verletzung der dem Veranstalter obliegenden Sorgfalts- und Sicherungspflichten.
Der Beklagte bestreitet die Pflichtverletzungen und behauptet der Schaden sei durch einen Reitfehler der Tochter entstanden und der Kläger müsse sich die von dem verletzten Pferd ausgehende Tiergefahr anrechnen lassen.
Das Landgericht Münster hatte der Klage in Höhe eines geschätzten Wertes von 25.000 € stattgegeben, auf die Berufung des Klägers und des Beklagten hatte das Oberlandesgericht Hamm dem Kläger weitere 10.000 € zugesprochen.
Der Beklagte verfolgte mit der hier zu entscheidenden Revision sein Ziel der Klageabweisung weiter. Allerdings hatte die zulässige Revision keinen Erfolg.
Der 3. Zivilsenat des BGH bestätigte das Urteil des OLG Hamm. Es sprach dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus §§ 661, 657, 280 I BGB zu. Die Höhe des Schadens hatte das OLG gem. § 287 ZPO auf 35.000 € festgesetzt, hierzu war ein Sachverständigengutachten bezüglich des Pferdewertes eingeholt worden und der Wert war in der Revision nicht mehr zu überprüfen.
Der Kläger sei als Eigentümer in den Schutzbereich des Auslobungsrechtsverhältnisses zwischen seiner Tochter als Turnierteilnehmerin und dem Beklagten einbezogen.
Die Veranstaltung eines Reit- und Springturnieres ist nach ständiger Rechtsprechung als Preisausschreiben ein Unterfall der Auslobung. Zwischen dem Auslobenden (Reitturnierveranstalter) und dem Turnierteilnehmer bestehen nach dem BGH im Vorfeld der eigentlichen Sachentscheidung (Platzierung) Rechtsbeziehungen im Sinne einer schuldrechtlichen Sonderverbindung, aus der Nebenpflichten gem. § 241 II BGB „hinsichtlich der sorgfältigen und ordnungsgemäßen Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbs und hinsichtlich des Schutzes der Teilnehmer vor Gefahren, mit denen sie nicht zu rechnen brauchen, erwachsen.“
Nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei der Eigentümer des Pferdes in den Schutzbereich des Rechtsverhältnisses einbezogen.
Die Pflichtverletzung des Beklagten bestehe darin, dass der aufgestellte Fangständer in „seiner konkreten Verwendung nicht den Anforderungen an eine geeignete Wettkampfanlage gerecht geworden und hierdurch ein für die Turnierteilnehmer nicht vorhersehbares Sicherheitsrisiko geschaffen worden sei.“
Der Parcourschef und der Turnierrrichter sind auch nach dem BGH Erfüllungsgehilfen des beklagten Reitvereins nach § 278 BGB. „Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles, mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verpflichtung als seine Hilfsperson tätig wird.“
Zwischen dem Beklagten und den Turnierteilnehmern sei durch die Turnierausschreibung keine wirksame Haftungsbeschränkung zugunsten des Beklagten vereinbart worden. Anders als das sportliche Regelwerk während der Veranstaltung seien die vorformulierten, vom Veranstalter vorgegebenen Haftungsausschlüsse oder Haftungsbeschränkungen für Verletzungen von Rechtsgütern der Teilnehmer (oder einbezogener Dritter = Pferdeeigentümer) vollumfänglich der Kontrolle gem. §§ 305 ff BGB unterworfen. Nach Auslegung der Bestimmungen der Turnierausschreibung kommt der 3. Zivilsenat zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a) und b) vorliegt. Danach ist ein Ausschluss jeglicher Haftung für jegliche Schäden infolge leichter Fahrlässigkeit nicht zulässig. Die Klausel ist somit insgesamt unwirksam und folglich keine Haftungsbeschränkung zugunsten des Reitvereins als Veranstalter vereinbart.
Die Beweisaufnahme hatte unterinstanzlich (Sachverständigengutachten) ergeben, dass die Teilnehmer mit der besonderen Gefahr, die von diesem Fangständer ausging nicht rechnen mussten, somit schied in diesem Fall ein Haftungsausschluss nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr aus.
Weiterhin konnte ein Reitfehler der Tochter des Klägers, der ein Mitverschulden gem. § 254 BGB zur Folge haben könnte, nicht nachgewiesen werden.
Eine Anrechnung der bloßen Tiergefahr gegenüber der Verschuldenshaftung des Beklagten komme nach § 840 III BGB nicht in Betracht.

Fazit: Der 3. Zivilsenat des BGH setzt die Rechtsbeziehungen zwischen Turnierteilnehmern und Veranstalter einem „echten“ Vertragsverhältnis gleich, was schlicht bedeutet, dass eine Haftung des Veranstalters nicht (vollständig) im Wege der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden kann.