Haftung Reitverein (Idealverein) als Pferdehalter, zu BGH Urteil vom 21.12.2010 AZ: VI ZR 312/09

Dieser Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH liegt ein Reitunfall zugrunde, der sich während einer Reitstunde ereignete. Ursprünglich verklagt waren der Reitlehrer und der Reitverein, ein eingetragener Verein für Reittherapie von Behinderten, der Halter des „Unfallpferdes“ ist. Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld, weil sie sich durch einen Sturz vom Pferd „R“ eine Lendenwirbelfraktur zuzog. Der Reitlehrer hatte der Klägerin, die an einer Behinderung leidet und deren Tochter ( auf “Pferd P“) eine Reitstunde erteilt, der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin behauptet, „P“ sei unerwartet stehen geblieben und habe gegen den auflaufenden „R“ ausgekeilt. Dieser sei daraufhin durchgegangen, was zum Sturz geführt habe. Die Beklagten hingegen behaupten, das Durchgehen des Pferdes sei auf das hysterische Rufen der Klägerin verursacht und das Pferd „P“ habe nicht ausgeschlagen sondern beim Vorbeigaloppieren und Überholen des Pferdes „R“ mit zu geringem Abstand den „Schweif gedreht.“ Das Unfallpferd R ist nach beiden Vorträgen zumindest abrupt stehengeblieben und die Klägerin ist dabei runtergefallen.

Das LG Dortmund hatte der Klage gegen den Beklagten zu 1 (Reitlehrer) stattgegeben und gegen den Beklagten zu 2 (Reitverein) abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG Hamm der Klage auch gegen den Beklagten zu 2 statt. Das OLG hat die Revision für den Reitverein zugelassen, weil „die Rechtssache mit der Frage der Entlastungsmöglichkeit des § 833 S.2 BGB für einen Idealverein, der seine Pferde – ohne Gewinnerzielungsabsicht – zur Verfolgung seiner als gemeinnützig anerkannten, satzungsmäßigen Zwecke halte, grundsätzliche Bedeutung habe und es hierzu unterschiedliche Auffassungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung gebe.“
Der BGH bestätigt das Urteil des OLG Hamm: „ das Berufungsgericht hat dem Beklagten zu 2 ohne Rechtsfehler eine Entlastungsmöglichkeit über das so genannte Nutztierprivileg des § 833 S.2 BGB versagt.“

Zur Begründung des BGH:
Das Gesetz räume dem Tierhalter nach § 833 S.2 BGB die Möglichkeit sich von der Gefährdungshaftung des § 833 S.1 BGB zu entlasten, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden sei, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters diene. Die von einem nicht wirtschaftlichen Verein (§ 21 BGB) zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben gehaltenen Pferde zählten nicht zu den sogenannten Nutztieren i.S.d. § 833 S.2 BGB. Einem Reitverein stünde deshalb nur die Entlastungsmöglichkeit zu, wenn er die von ihm gehaltenen Reitpferde überwiegend wie ein wirtschaftliches Unternehmen zur Erwerbszwecken nutze. (Das stehe dann aber im Widerspruch zur satzungsmäßig ideellen Zweckbestimmung des Vereins.)
FAZIT: Ein nichtwirtschaftlicher Reitverein, der Pferde hält, kann sich nicht von der Gefährdungshaftung entlasten; natürlich kann ein Mitverschulden des Reiters die Gefährdungshaftung je nach Abwägung der Verursachungsbeiträge sogar zurückdrängen, ein solches Mitverschulden gem. § 254 BGB lag hier aber nicht vor.