Haftung Reitverein; Haftung des Veranstalters eines Reitturniers; Verkehrssicherungspflichten

Anlässlich des Starts der Turniersaison 2011 sollen hier noch einmal die Verkehrssicherungspflichten des Veranstalters beleuchtet werden.
Zu OLG Celle Urteil des 8. ZS vom 05.02.2009:
In dieser Entscheidung des OLG Celle geht es um die Haftung eines Dressurreitturnierveranstalters. Das jährliche Dressurturnier findet auf einer vom Verband gemieteten Reitanlage statt, die unmittelbar an eine Galopprennbahn grenzt. Es handelt sich um eine winterliche Veranstaltung in der Reithalle. Das benachbarte Rennbahngelände wird vom Beklagten ebenfalls gemietet und er verpachtet es an einen Rennstallbetreiber weiter. Es bestand eine Vereinbarung zwischen Verband und Rennstallbetreiber, dass Sand- und Rasenbahn bei Veranstaltungen auf dem Gelände nicht genutzt werden dürfen. Ansonsten durfte die innere Sandbahn bis 10:00 Uhr und die äußere Rasenbahn bis 8:00 Uhr zu Trainingszwecken der Rennpferde genutzt werden.
Die Klägerin, eine erfolgreiche Dressurreiterin, nahm den Veranstalter auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten in Anspruch. Weil sich auf der an den Anhängerparkplatz angrenzenden Galopprennbahn gegen 9.00 Uhr zwei schnell galoppierende Pferde näherten, hat sich das Pferd der Klägerin beim Verladen erschrocken, losgerissen und ist dann in Panik über den Asphalt galoppiert, gestürzt und hat sich hierbei schwer verletzt. Es ist aufgrund der so erlittenen Verletzung als Dressurpferd nicht mehr einsatzfähig.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Veranstalter habe seine Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem er das Galoppieren auf der benachbarten Rennbahn während des Reitturnieres nicht unterbunden habe. Der Veranstalter behauptet, seine Verkehrssicherungspflicht treffe ihn nur auf dem Veranstaltungsgelände und nicht auf dem Nachbargelände.
Das Landgericht Verden hatte die Klage abgewiesen, weil eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht vorgelegen habe. Der Veranstalter habe nicht damit rechnen müssen, dass an jenem Turniermorgen das Nutzungsverbot auf der Galopprennbahn verletzt werden würde.
Auch das OLG Celle weist die Berufung der Klägerin zurück. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasse Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend erachte, um andere vor Schaden zu bewahren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden könne. Bei der Benutzung von Sportanlagen treffe den Betreiber die Pflicht, die Benutzer durch geeignete Maßnahmen vor Gefahren zu schützen, die für den zugelassenen Besucherkreis und den zu erwartenden Gebrauch über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen und nicht ohne weiteres erkennbar seien.
Bei der Durchführung von Reitsportveranstaltungen habe die Rechtsprechung die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bejaht, wenn ein Pferd, das sich losgerissen habe, durch eine in unmittelbarer Nähe des Reitplatzes liegenden Planierschleppe verletzt werde. Danach liege hier schon keine objektive Pflichtverletzung vor, weil weder durch das vom Beklagten veranstaltete Turnier noch durch die vom Beklagten genutzte Anlage eine Gefährdung des Pferdes der Klägerin hervorgerufen worden sei. Im Folgenden stellt das Gericht nicht in Abrede, dass es zu einer konkreten Gefährdungslage kommt, wenn Renn- und Reitpferde gleichzeitig trainiert werden. Aber hieraus folge nicht, dass der beklagte Veranstalter jede Nutzung der Nachbaranlage während des Hallenreitturnieres hätte verhindern müssen. Es sei ausreichend (wegen der bestehenden Nutzungsvereinbarung), dass er den Rennstallbetreiber über die konkrete Turnierveranstaltung in Kenntnis gesetzt habe. Der Beklagte habe sich auf das Nutzungsverbot während der Turnierveranstaltung verlassen dürfen. Wenn auf der Galopprennbahn dennoch trainiert worden sei, liege dies nicht in seinem Verantwortungsbereich. Seine Einwirkungsmöglichkeit beschränke sich lediglich auf seinen Pächter, den Rennstallbetreiber. Der Beklagte habe auch nicht bei der Turnierausschreibung auf die bestehende Gefahr der benachbarten Rennbahn hinweisen müssen, weil die Nutzung ja während der Turnierveranstaltung untersagt sei. Es genüge, wenn der Veranstalter nach Kenntnis von der Inbetriebnahme der Rennbahn trotz Nutzungsuntersagung, mündlich auf das Verbot hinweise. Weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten und damit Pflichten insbesondere gegenüber nicht am Turnier teilnehmenden Dritten habe der Veranstalter nicht.
Der Klägerin seien die Gegebenheiten des Turniergeländes bekannt gewesen und es habe sich lediglich das allgemeine Risiko der Pferdehaltung verwirklicht, es könne nie ausgeschlossen werden, dass Pferde in unberechenbarer Weise auf Umweltreize mit dem typischen Fluchtverhalten reagierten.

Fazit: Verkehrssicherungspflichten, deren Verletzung eine Haftung gegenüber Turnierteilnehmern auslösen kann, treffen den Veranstalter eines Reitturnieres auf dem Veranstaltungsgelände. Für Gefahren, deren Ursprung außerhalb des Turniergeländes liegen, treffen ihn Verkehrssicherungspflichten nur im Rahmen seiner Einwirkungsmöglichkeiten und soweit diese vorhersehbar sind.