Landwirt; Reithalle im Außenbereich

Betriebserweiterung eines nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Landwirten; Pferdepensionshaltung

Fazit: Keine Privilegierung eines im Außenbereich gelegenen Bauvorhabens, wenn es nicht dem bisher bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb dient. Das ist dann nicht der Fall, wenn das (neue) Vorhaben ein sehr hohes wirtschaftliches Risiko (hier für einen auf gepachteten Flächen wirtschaftenden Landwirten) darstellt, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung nicht sichergestellt sind und es in seinem Umfang nicht als Betriebserweiterung sondern als Neugründung anzusehen ist.
Selbst wenn das Vorhaben noch von der Privilegierung nach § 35 I BauGB erfasst wäre, stehen einem Vorhaben dieser Größenordnung im Einzelfall öffentliche Belange i.S.d. § 35 III BauGB entgegen. Diese Belange können aus den textlich festgesetzten Zielen des Landschaftsplans und den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege resultieren. Hier war vor allem die Größe des Vorhabens in Form der großflächigen Versiegelung, der Erdbewegungen und des Gebäudekörpers problematisch.
Quelle: VG Düsseldorf Urteil vom 28.01.2010, 4K 5870/08
Der Kläger, ein ortsansässiger (privilegierter) Landwirt beantragte im Außenbereich bei der Gemeinde einen Bauvorbescheid zur „Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes“ Gegenstand der Erweiterung war die Errichtung einer Halle 200 m entfernt von dem im Außenbereich gelegenen Hof des Klägers. Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich eines Landschaftsplans. Dieser setzt für das Grundstück ein Landschaftsschutzgebiet fest, dessen Entwicklungsziel ist die Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen Landschaftselementen vielfältig ausgestatteten Landschaft. Das Vorhaben des Klägers umfasste eine Hallengrundfläche von 11.000 qm (100x110m). Darin sollten vier Gruppen von 20 Pferden in Laufställen, eine Reitfläche von 1200 qm, eine Reitfläche von 800 qm und eine Longierfläche von 400 qm, vier Pferdegruppenräume und vier Putzräume (insg. 1220 qm) untergebracht werden. Außerhalb dieser Halle sollten ein Betriebsleiterwohnhaus, zwei nicht überdachte Bewegungsflächen, ein überdachtes Dunglager, ein weiterer Reitplatz und 42 Stellplätze geschaffen werden. Auf dem Reiterhof sollten 80 Pferde in Pensionstierhaltung eingestellt werden. Der Kläger bewirtschaftete zum Zeitpunkt der Antragsstellung 22 ha gepachtete Flächen und plante die Bewirtschaftung von 32 ha. Nach einer Stellungnahme der LWK NRW war als Futtergrundlage eine Fläche von 28 ha ausreichend, die Gesamtbaukosten schätzte die LWK auf 2,52 Mio €, die Investition i.H.v. 22.500 € pro Pferd lag danach deutlich über dem üblichen Investitionsvolumen. Nach der Stellungnahme der LWK war das Vorhaben privilegiert.
Die Gemeinde hatte die Erteilung des Bauvorbescheides abgelehnt. Die erhobene Verpflichtungsklage des Landwirts wies das VG Düsseldorf ab.
Auszug aus den Gründen:
Das Vorhaben sei nicht nach § 35 I BauGB privilegiert. Die Errichtung eines Reiterhofes als neuer Betriebszweig diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Die größtmögliche Schonung des Außenbereichs insbesondere wenn das Vorhabengrundstück auch Teil eines Landschaftsschutzgebietes ist, verbiete aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Landwirts ein Vorhaben, wenn es hinsichtlich seiner Realisierung und des dauerhaften wirtschaftlichen Betriebes so erhebliche unternehmerische Risiken berge, wie das vom Kläger verfolgte. Der Kläger habe nicht als überwiegend wahrscheinlich darlegen können, dass er das Vorhaben tatsächlich finanzieren könne. Obwohl der Kläger Vollerwerbslandwirt sei und daher grundsätzlich seine betriebliche Organisation und seine Gewinnerzielungsabsicht nicht zweifelhaft sei, habe er weder Finazierbarkeit noch Wirtschaftlichkeit darlegen können.
Eine Privilegierung unterstellt stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen:
Die im genannten Bereich durch das Vorhaben vorgesehene großflächige Versiegelung und Bebauung durch den massiven Haupthallenbaukörper widerspreche der als Entwicklungsziel festgehaltenen Erhaltung als vielfältig gegliederten Landschaftsraum. Dies gelte insbesondere, da im Großstadtgebiet der Beklagten die schutzwürdigen Freiflächen selbst im Rahmen eines zusammenhängenden vielfältig gegliederten Landschaftsraum absolut gesehen nur kleine Flächen seien und einen geringen Anteil des Stadtgebietes ausmachten. Hinzu komme die vom Beklagten befürchtete Vorbildwirkung für die ca. 20 weiteren Pensionstierhaltungen in der Nähe des Vorhabenstandorts, die ebenfalls überwiegend im Landschaftsschutzgebiete lägen.
Weiterhin widerspreche das Vorhaben den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Nach §§ 1 und 2 BNatSchG seien das die Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, der Regenerations- und Nutzfähigkeit der Naturgüter, die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage des Menschen. Die Abwägung der für die Realisierung des privilegierten Vorhabens sprechenden Gesichtspunkte einerseits und der öffentlichen Belange andererseits führe zu einem Überwiegen der Belange des Naturschutzes. Zwar möge die konkrete Landschaft im Bereich des Vorhabens an sich nicht herausgehoben bewahrenswert sein, weil sie als leicht hügelig ansteigender teils bewaldeter aber überwiegend landwirtschaftlich genutzter Bereich, keine ganz besondere Schönheit oder Einzigartigkeit aufweise. Weiterhin sei sie vorbelastet durch die begrünte, tiefer liegende Bundesstraße. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Erhaltung eines von Bebauung freigehaltenen Landschaftsbereichs einer Großstadt sowohl unter Natur. und Landschaftsschutzgesichtspunkten, als auch als Lebensgrundlage des Menschen besondere Bedeutung zukomme. Hinzu komme die vom Vorhaben des Klägers ausgehende Unruhe durch die An- und Abfahrt zu den 42 Stellplätzen.
Insgesamt bestünde trotz Vorbelastung im für das Vorhaben relevanten Bereich eine Nutzungsweise, die im Grundsatz der naturgemäßen Nutzung der Landschaft als ackerbauliche Landwirtschaftsfläche entspreche. Dem gegenüber würde das Vorhaben in seiner geplanten Ausführung eine wesensfremde Nutzung darstellen.