Aktuelles zum Kaufrecht – eine käuferunfreundliche Entscheidung im Rahmen der Rückabwicklung von Pferdekaufverträgen, die man gelesen haben sollte!

Zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil vom 13.01.2011 AZ: 4U 34/10:Der Kläger ein Hobbyfahrer kaufte bei der Beklagten einer Pferdezüchterin mehrere Pferde u.a. den streitbefangenen vierjährigen Wallach als Fahrpferd. Im schriftlichen Kaufvertrag versicherte die Beklagte, das Pferd weise keine verdeckten Mängel oder Verletzungen auf und leide nicht an einer Erkrankung. Der Kläger holte das Pferd im November 2006 bei der Beklagten ab und verkaufte es im Januar 2007 an einen Dritten. Im Februar 2007 wurde der Wallach auf Veranlassung des Dritten durch einen Tierarzt untersucht, dieser diagnostizierte u.a. durch Erhebung röntgenologischer Befunde eine arthrotische Veränderung am linken Vorderbein und daraus resultierend eine Lahmheit. Als zur Ausübung des Fahrsportes untauglich nahm der Kläger das Pferd zurück. Nachdem die Beklagte der Aufforderung des Klägers, sich wegen des Mangels mit ihm in Verbindung zu setzen nicht nachgekommen war, trat er im Mai schriftlich durch seinen Bevollmächtigten vom Kaufvertrag zurück.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrages, Rückzahlung des Kaufpreises und Schadensersatz. Das Landgericht Frankenthal hatte durch Einzelrichter der 2. Zivilkammer der Klage im Wesentlichen wie beantragt stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, sie ficht das Urteil in vollem Umfang an.
Die Berufung der Beklagten war erfolgreich. Das pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken kam zu dem Ergebnis, der Kläger habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages noch auf Ersatz der Unterstellkosten oder Schadensersatz. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass das streitgegenständliche Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft gewesen sei.
Mit der Vorinstanz ging das OLG davon aus, dass die Beklagte mit ihrer Erklärung keine Beschaffenheitsgarantie übernommen habe. Die Auslegung der Erklärung der Beklagten gem. §§ 133, 157 BGB ergebe, die Versicherung der Beklagten, das Pferd weise nach dem Wissen der Beklagten keine versteckten Mängel oder Verletzungen auf. Die Äußerung der Beklagten über die Abwesenheit von Krankheiten könne ebenfalls nur dahingehend verstanden werden, dass das Pferd nach der Kenntnis der Beklagten gesund sei. Eine weitergehende Garantieerklärung der Beklagten liege nicht vor. Sie habe lediglich eine Beschaffenheitsvereinbarung übernommen und ihre Redlichkeit versichern wollen.
Das OLG führte aus, die Beklagte habe mit ihrer Beschaffenheitsangabe nicht zusichern wollen, dass das Pferd frei von jeder Normabweichung sei. Bei Tieren entspreche nicht jede Abweichung von der biologischen oder physiologischen der Idealnorm einem Sachmangel. Der Käufer eines Reitpferdes oder Fahrpferdes könne nicht redlich erwarten, dass er ohne besondere Vereinbarungen ein Tier mit idealen Anlagen erhalte, sondern müsse damit rechnen, dass das erworbene Tier physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweise, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich seien. Die Erklärungen der Beklagten könne deshalb nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Pferd physiologisch der Idealnorm entsprechen sollte, sondern nur dahingehend, dass es keine Mängel aufweise, die dem erstrebten Verwendungszweck, Einsatz als Hobbyfahrpferd, widersprechen. Nach dem OLG erfasste die Beschaffenheitsvereinbarung nicht das Fehlen röntgenologischer Befunde.
Die Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen (Tierarzt der Klägerin) und tierärztlichem Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass das streitbefangene Pferd zum einen lahmte (mittelgradige Lahmheit und Wendeschmerz vorne links) und zum anderen hatte es an der rechten Vorderzehe eine ca. kirschkerngroße Verschattung oberhalb des Strahlbeins und eine Linsengroße Verschattung dorsoproximal im Fesselgelenk. Als Ursache hierfür sei nach dem Sachverständigen entweder eine Verkalkung im proximalen Strahlbein oder eine Strahlbeinabsprengungsfraktur so wie ein freier Gelenkkörper im Fesselgelenk. Diese Befunde gäben keine Auskunft über die Lahmheit vorne links. Im Bereich der Zehe vorne links fand der Sachverständige eine leichte Randexostose dorsoproximal im Fesselbein und eine Senfkorngroße Exostose im Bereich des dorsalen Sagittalkamms des Röhrbeins. Vorne rechts diagnostizierte der Sachverständige also nur eine geringgradige Arthrose im Fesselgelenk, die nicht als Ursache für die Lahmheit des Pferdes angesehen werden könne. Die erhobenen Röntgenbefunde stellten auch insgesamt die Verwendung des Pferdes als Reit- oder Fahrpferd zu Hobbyzwecken nicht in Frage. Die Lahmheit könne vielfältige Ursachen hier insbesondere Weichteilerkrankungen haben.
Im Folgenden begründet das OLG die Nichtanwendbarkeit der Vermutung gem. § 476 BGB, wonach in zeitlicher Hinsicht vermutet wird, dass ein Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, wenn er sich innerhalb sechs Monaten nach der Übergabe zeigt und der Kaufvertrag zwischen einen Unternehmer (hier Pferdezüchter) und einem Verbraucher geschlossen wurde.
Nach dem OLG Zweibrücken war hier § 476 BGB nicht anwendbar, weil die Ursache der Lahmheit nicht festgestellt werden konnte und Tiere anders als Sachen während ihrer Lebenszeit einer ständigen Entwicklung ihrer körperlichen und gesundheitlichen Verfassung unterliegen.

Anmerkung: das Problem war hier: Das Gericht kam zur Überzeugung, dass schon die Ursache des Mangels = Lahmheit vorne links nicht nachgewiesen war (Beweislast für das Vorliegen eines Mangels trägt der Käufer auch im Rahmen des § 476 BGB); nach dem Sachverständigengutachten konnte die Lahmheit X verschiedene Ursachen haben und lehnte somit die Anwendung der zeitlichen Vermutung aus § 476 BGB ab.
Das Gericht sagt also: 1. Die Röntgenbefunde sind nach den Parteivereinbarungen bei Kaufvertragsschluss kein Mangel des Pferdes; 2. die Lahmheit eines Pferdes ist grundsätzlich ein Mangel; aber 3. die Ursache der Lahmheit konnte nicht zweifelsfrei auf physiologische Anlagen des Pferdes zurückgeführt werden und damit sollte 4. Die Vermutung, zeigt sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe…nicht angewendet werden, wodurch 5. dann der Kläger die volle Beweislast für das Vorliegen der Lahmheit bei Gefahrübergang (Übergabe des Pferdes) zu tragen hatte; nach dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverständigengutachten war das dem Kläger aber nicht möglich.