Reitbeteiligung-Reitbeteiligungsvertrag-Haftung

Wie sollte der Reitbeteiligungsvertrag ausgestaltet sein? Was muss darin stehen?

Wie so häufig im gesamten „Pferdebereich“ findet man eine Vielzahl von vorformulierten Verträgen im Netz. Sie sollten folgendes beachten:

-eine Reitbeteiligungsvereinbarung hat immer einen individuellen Charakter, nicht jeder erwartet das Gleiche von seiner Reitbeteiligung.

-Vereinbaren Sie nur, was Sie auch wirklich vereinbart haben wollen.

– Setzen Sie Ihren Reitbeteiligungsvertrag individuell auf, gerne auch handschriftlich, hierbei können Sie einen bereits erstellten Vordruck als Wegweiser benutzen, aber

-handeln Sie die Bedingungen mit Ihrer Reitbeteiligung auf Augenhöhe aus und halten Sie das Ergebnis der Verhandlungen in einem schriftlichen Dokument fest.

Wie genau sollte geklärt werden, was die Reitbeteiligung mit dem Pferd machen darf? Was ist zu tun, wenn die Reitbeteiligung mit dem Pferd einen Unfall hat? Wie soll die Reitbeteiligung versichert werden?

-Grundsätzlich ist alles eine Frage der Vereinbarung! Im Wege der Vertragsfreiheit können Sie praktisch alles vereinbaren. Sie können nur nicht alles im Wege der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vorformulierte Verträge für eine Vielzahl von Verwendern) regeln. D.h. benutzen Sie ein vorgefertigtes Vertragsformular und handeln die konkrete Reitbeteiligung nicht individuell aus, sondern geben die Reitbeteiligungsbedingungen praktisch vor, unterwerfen Sie sich dem AGB – Recht.

-Damit sind Sie in Ihrer Vertragsgestaltung weniger frei. Derartige Verträge halten gerichtlicher Überprüfung im Streitfall vielleicht nicht stand! Bedenken Sie, ein Gericht wird immer dann tätig, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist; der Reitbeteiligungsvertrag sollte individuell genau diesen Fall bereits im Vorfeld berücksichtigen bzw. es sollte den Parteien im Vorfeld klar sein, was im Falle des Falles auf sie zukommt.

-Es ist nicht nur für den Pferdehalter und die Reitbeteiligung wichtig, was genau mit dem Pferd in der vereinbarten Nutzungszeit geschehen soll / darf, sondern es spielt auch rechtlich eine erhebliche Rolle, wie die beiden Beispiele zeigen:

-Das OLG Nürnberg hat im Jahre 2011 eine Haftung des Tierhalters gegenüber seiner Reitbeteiligung für einen Reitunfall, der sich durch die tiertypische Gefahr des Pferdes ereignet hatte, abgelehnt, weil in diesem Fall nach den Vereinbarungen zwischen Pferdehalterin und Reitbeteiligung die Reitbeteiligung genauso wie eine Halterin Einfluss auf das Pferd genommen hatte. Hier hat das OLG die Reitbeteiligung zur Mithalterin des Pferdes gemacht, mit der Konsequenz gegenüber der Eigentümerin keine Ansprüche geltend machen zu können.

-Dies hätte aber auch zur Konsequenz, dass diese Reitbeteiligung auch gegenüber Dritten für Schäden haftet (und zwar genauso wie die Eigentümerin), die das Pferd während ihrer Nutzungszeit verursacht. Dies hat versicherungsrechtliche Konsequenzen, wird die Reitbeteiligung als Halterin gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen, steht ihr i.d.R. keine Pferdehalterhaftpflichtversicherung zur Seite! D.h. Sie muss den Schaden aus eigener Tasche zahlen und sich teilweise bei der Eigentümerin und ebenfalls Halterin schadlos halten.

-Demgegenüber hat das OLG Frankfurt im Jahre 2009 entschieden, dass eine 12 jährige, die nach den „Reitbeteiligungsvereinbarungen“ nicht alleine ausreiten durfte, weder Tierhalterin noch Tierhüterin des Pferdes ist. Hier haftete also der Pferdehalter für Verletzungen infolge eines Reitunfalles. Und dieser Pferdehalter haftet auch alleine, wenn während der Nutzungszeit der 12 jährigen Reitbeteiligung durch das Pferd Dritte geschädigt werden. Die 12 Jährige haftet hier gar nicht.

-Im Grundsatz gilt: gegenüber Dritten haften Tierhalter und Tierhüter (i.d.R. die Reitbeteiligung) als Gesamtschuldner, vorstehende Beispiele zeigen aber, dass nicht jede Reitbeteiligung Tierhüter und manch eine Reitbeteiligung sogar Tierhalter ist!

-Im Ergebnis hängt also die Frage der Haftung des Pferdehalters gegenüber der Reitbeteiligung davon ab, was die Reitbeteiligung mit dem Pferd machen darf, wie viel sie selber entscheiden darf, wie gut sie reitet, wie viel sie für die Nutzung des Pferdes zahlt und wie alt sie ist.

-Gleiches gilt für die Haftung der Reitbeteiligung gegenüber Dritten, für Schäden die das Pferd verursacht.

-In jedem Fall sollte die Reitbeteiligung mit Name, Anschrift und Umfang der Reitbeteiligung gegenüber der Tierhalterhaftpflichtversicherung angezeigt werden.

-Über eine private Unfallversicherung können Sie als Reitbeteiligung nachdenken.

Was passiert, wenn das Pferd krank wird und nicht mehr geritten werden kann?

-Das hängt alleine davon ab, was Sie vereinbaren bzw. verhandeln! Ohne Vereinbarung kann eine Vergütungspflicht entfallen, weil die Reitbeteiligung das Pferd nicht mehr nutzen kann. Sie können aber auch (individualvertraglich) vereinbaren, dass die Vergütungspflicht und die Versorgungspflicht fortbestehen.

Was passiert, wenn das Pferd sich verletzt und die Reitbeteiligung schuld daran ist?

-Das ist für beide Seiten eine unglückliche Situation! Selbstverständlich haftet die Reitbeteiligung für Verletzungen des Pferdes, die durch ihr Verschulden entstehen. Allerdings muss ihr Verschulden im Streitfall nachgewiesen werden und häufig wird die tiertypische Gefahr bei der Entstehung der Verletzung mitberücksichtigt werden müssen.

-D.h. die Reitbeteiligung trägt zwar Schuld, aber weil das Pferd reagiert hat wie ein Pferd und es damit bei der Verletzung mitgewirkt hat, wird im Ergebnis die Haftung dann um die tiertypische Gefahr gekürzt.

-In diesem Zusammenhang besteht ein weiteres Problem darin, dass die Private Haftpflichtversicherung infolge von Haftungsausschlüssen allzu häufig nicht eingreift. D.h. die Reitbeteiligung sieht sich einer berechtigten Forderung des Pferdeeigentümers gegenüber, die sie möglicherweise aber nicht zahlen kann.

FAZIT:

Finger weg von einer Reitbeteiligung, wenn Sie sich des wechselseitigen Risikos nicht bewusst sind!

Wenn etwas passiert, ist das allzu häufig schlimm, manchmal für die Reitbeteiligung, manchmal für den Pferdeeigentümer.

Es existiert weder ein vertragliches noch ein versicherungsrechtliches RUND UM SORGLOS PAKET für die Vereinbarung einer Reitbeteiligung am Pferd!

In jedem Fall müssen beide Seiten des Reitbeteiligungsvertrages ein Haftungsrisiko eingehen. Je individueller und interessengerechter die Regelungen, desto kleiner der Streit, wenn etwas schief geht.

Jennifer Stoll
Rechtsanwältin, Aachen