Pferdekaufvertrag-Beschaffenheitsvereinbarung-Beistellpferd-Schutzvertrag

Das Geschäft mit dem Beistellpferd

„Schutzverträge“ über Pferde

„Verwendungszweck Beistellpferd“ im schriftlichen Kaufvertrag

Leider gibt es angesichts des verbraucherfreundlichen auf den Pferdeverkauf anwendbaren Kaufrechts zunehmend die Tendenz von Pferdehändlern in schriftliche Kaufverträge über Pferde den Verwendungszweck „Beistellpferd“ aufzunehmen.

Dabei handelt es sich dann um eine „Beschaffenheitsvereinbarung“. Das verkaufte Pferd muss also praktisch nichts mehr können und braucht für keine Verwendung geeignet zu sein.

Die individualvertragliche Vereinbarung einer Beschaffenheit ist praktisch die einzige Möglichkeit für Pferdehändler, ihre kaufrechtliche Haftung einzuschränken.

Wenn der gezahlte Kaufpreis im Verhältnis zur Beschaffenheitsvereinbarung / zum Verwendungszeck steht, ist das nicht zu beanstanden.

Kritisch wird diese Praxis bei einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit „Beistellpferd“ wenn ein Kaufpreis z.B. in Höhe von 5.000 € und mehr gezahlt werden soll.

Die Kaufpreiszahlung und die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit stehen in einem krassen Missverhältnis (mehr als der 10 fache Wert) zueinander. Diese Verträge sind in der Regel sittenwidrig und damit anfechtbar.

Aber: Jedes Gericht ist hier äußerst zurückhaltend und bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit kritisch, denn im Grundsatz herrscht bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit Vertragsfreiheit in Deutschland.

Es wird schließlich niemand gezwungen, eine solche Verwendung individuell bezogen auf das konkrete Pferd im Kaufvertrag festzuschreiben.

Insofern überlegen sie genau, was sie tun.

Bietet man ihnen ein Pferd zu einem im Verhältnis zum tatsächlichen Leistungsvermögen des Pferdes günstigen Kaufpreis an und das unter der Bedingung, die Verwendung als Beistellpferd festzuschreiben, sollten sie lange Nachdenken.

Beispiel: Das 10 jährige Pferd ihrer Wahl hat bis vor einem Jahr nachweislich viele Platzierungen bis zur Klasse L, seit mehr als einem Jahr ist es nicht mehr vorgestellt, der Händler gibt an, es hat in der letzten Zeit überwiegend auf der Weide gestanden ist also in der letzten Zeit kaum geritten. Der Händler setzt den Kaufpreis für dieses Pferd bei 8.500,00 € an. Er ist aber bereit, es Ihnen zum Kaufpreis von 5.000,00 € zu verkaufen, wenn die Verwendung „Beistellpferd“ im Kaufvertrag festgeschrieben wird. Der Pferdehändler erklärt ihnen auch noch, dass durch diese Vereinbarung über die Verwendung des Pferdes seine Haftung für dieses Pferd erheblich eingeschränkt wird.

Wenn sie dies unterzeichnen, vereinbaren sie, dass das Pferd nichts mehr können muss.

Jetzt stellen sie sich die Frage, wie hoch ihre Erfolgsaussichten in einem Klageverfahren sind, wenn z.B. das Pferd hochgradig an Kissing Spines leidet und erhebliche Rittigkeitsdefizite aufweist und sie es deshalb „rückabwickeln“ wollen.

Sachmangelhaftung scheidet hier infolge der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit aus. Das gekaufte Pferd ist prima als Beistellpferd geeignet.

Arglistige Täuschung? Dann müssen sie nachweisen, dass der Verkäufer von dem konkreten Mangel wusste und sie darüber getäuscht hat, damit sie die Beschaffenheitsvereinbarung treffen. Dieser Beweis ist erfahrungsgemäß häufig nicht zu führen, denn selbst wenn sie nachweisen könnten, dass die Beeinträchtigung des Pferdes schon lange existiert, können sie oft nicht beweisen, dass der Verkäufer das wusste. Und dann müssten sie noch nachweisen, dass der Verkäufer absichtlich infolge des konkreten Mangels mit ihnen diese Beschaffenheitsvereinbarung getroffen hat.

Da es auch um „innenliegende Motivation“ des Verkäufers geht, ist dieser Nachweis schwer zu führen.

Bleibt nur noch die Frage, stellt dieser Kaufvertrag einen Verstoß gegen die guten Sitten dar und kann deshalb angefochten werden?

Argument dafür ist das krasse Missverhältnis zwischen dem gezahlten Kaufpreis und der Beschaffenheitsvereinbarung (mehr als das 10 fache des Verkehrswertes eines Beistellpferdes).

Argument gegen die Sittenwidrigkeit ist die Vertragsfreiheit, warum haben sie ein so teures Beistellpferd gekauft?

Der Ausgang eines „Rückabwicklungs“ – Rechtsstreites in diesen Fällen ist immer im Einzelfall zu beurteilen.

In unserem Beispiel hat der Verkäufer die festgeschrieben Beschaffenheit mit ihnen im Zusammenhang mit einem Preisnachlass verhandelt. Er hat sogar erläutert, warum er diese Beschaffenheit im Kaufvertrag festschreiben will. Sie hätten das Pferd ohne diesen Zusatz auch für 8.500,00 € kaufen können.

Wie würden Sie entscheiden, wer trägt das Risiko in diesem Fall, wenn jetzt tatsächlich die Tauglichkeit des Pferdes stark eingeschränkt ist?

In jedem Fall ist die Unterzeichnung eines solchen Kaufvertrages nur dann ratsam, wenn sie sicher sind, dass sie das damit verbundene Risiko auch eingehen wollen, keine Ansprüche auf Sachmangelhaftung des Verkäufers zu haben. Hier hat praktisch der Preisnachlass seinen Preis!
Prinzipiell ist diese Vereinbarung in Ordnung! Nur übernehmen Sie dann eben auch das volle Risiko des Pferdes!

Das Geschäft mit dem Beistellpferd geht aber auch anders:

Immer häufiger versuchen Pferdehalter ihre älteren Pferde oder Pferde, die für ihre eigenen Ambitionen nicht geeignet sind in „gute Hände“ mit sogenanntem Schutzvertrag abzugeben. Hierzu gibt es eine Menge Vertragsformulare im Internet.

Grundsätzlich gilt, wählen sie diese vorformulierten Verträge, füllen die Formulare nur aus und legen sie ihrem Vertragspartner vor, sind beinahe ausnahmslos alle Klauseln (Weiterveräußerungsverbot, festgeschriebener Einsatz des Pferdes, Vertragsstrafe etc. z.B. OLG Celle im Januar 2009) nichts wert.

D.h. sie halten im Streitfall rechtlicher Prüfung nicht stand und schützen kein Pferd!

Aber auch ohne Verwendung von vorgefertigten Vertragstexten und eigens für das konkrete Pferd aufgesetztem Vertrag sind etliche Formulierungen praktisch nicht justiziabel.

Beispielsformulierung:

Das 14 jährige Pferd Sarah wird für 400,00 € als Beistellpferd unter den Voraussetzungen dieses Schutzvertrages übereignet.

Der Käufer verpflichtet sich, Sarah nicht weiterzuverkaufen. Sarah soll nicht mehr im Sport und nicht im Schulbetrieb eingesetzt werden.

Soweit der „Schutzvertrag“ ein Veräußerungsverbot enthält ist er sittenwidrig, das Verbot im Vertrag gilt schlicht nicht, niemand kann in einem Kaufvertrag – und nichts anderes ist ein Schutzvertrag bei dem eine Zahlung fließt – festschreiben, dass das Pferd für immer behalten werden muss.

Spinnen wir den Fall „Sarah“ weiter:

Einen Monat später wird Sarah, die bis vor zwei Jahren noch siegreich in Springprüfungen der Klasse L eingesetzt worden ist, zunehmend aber erhebliche Unlust und Rittigkeitsdefizite gezeigt hatte, von der Schutzvertragskäuferin an einen Pferdehändler für 1.500,00 € weiterverkauft.

Dieser lässt seine Bereiterin „Sarah“ innerhalb eines Monats in drei L –Springen vorstellen, Sarah ist dabei zwei Mal platziert und wird nach dem dritten Turnier wieder an eine 13 jährige, ambitionierte Springamateurin für 5.000 € weiterverkauft und an sie ihre Mutter übergeben.

Und jetzt?

Jene die für „Sarah“ die monatlichen anfallenden Kosten nicht mehr tragen wollten, das Pferd aber dennoch vor dem Einsatz in Springprüfungen schützen wollten, suchen jetzt wutschnaubend Rechtsbeistand. Das Pferd sollte geschützt werden und jetzt ist es schon nach zwei Monaten durch 2 Hände gegangen und wird wieder im Sport eingesetzt, dann hätte man es auch selber als Sportpferd für viel Geld verkaufen können…

Die Schutzvertragsverkäufer wollen Sara zurück. Das ist jedoch nicht mehr möglich, die Amateurin bzw. deren Mutter hat in jedem Fall (gutgläubig) rechtswirksam Eigentum an „Sarah“ erworben. „Sarah“ ist für die ursprünglichen Eigentümer für immer weg.

Dann wollen sie eben das Geld – am liebsten wollen sie sowieso, dass die Schutzvertragskäuferin nur irgendwie bestraft werden soll.

Das ginge durch Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung der Schutzvertragskäuferin und der Forderung von Wertersatz. Dazu müssten die Schutzvertragskäufer jedoch nachweisen, dass die Schutzvertragskäuferin das Pferd nicht als Beistellpferd sondern für den (gewinnbringenden) Weiterverkauf erworben hat. Einziger Anhaltspunkt hierfür: das Pferd ist schon nach einem Monat wieder verkauft worden und nach weiteren zwei Wochen in Springprüfungen eingesetzt worden.

Dieses Indiz reichte dem Amtsgericht Köln im Juni dieses Jahres nicht:

„Insbesondere ergibt sich nicht aus der Weiterveräußerung fünf Wochen nach dem Erwerb, dass die Beklagte von Anfang an vorgehabt hätte, das Pferd nicht als Beistellpferd zu behalten.“ Es könne auch sein, dass das gekaufte Pferd sich mit dem anderen Pferd der Beklagten nicht vertragen habe. Dann brauche man nicht monatelang abzuwarten. „Gegen die Weiterveräußerung des Pferdes bestehen auch sonst keine rechtlichen Bedenken, denn das Pferd war nicht zu alt oder zu krank, um noch im Turniersport eingesetzt zu werden, es zeigte nur Rittigkeitsdefizite….Wenn es der neuen Besitzerin gelungen ist, dieses Verhalten bei dem Pferd zu ändern und es wieder zu einem willigen leistungsorientierten Verhalten zu motivieren, ist dies durchaus positiv…. Es ist davon auszugehen, dass ein gut ausgebildetes Springpferd von 14 Jahren als bloßes Beistellpferd auf der Weide eher unterfordert und unausgelastet ist.“

Eine wirksame Anfechtung eines Schutzvertrages / Kaufvertrages bei Weiterverkauf des „zu schützenden Pferdes“ ist immer schwierig.

Fazit: Wollen Sie selbst bestimmen wann und wie ihr Pferd in Rente geht, dann behalten Sie es!

Bessere Variante als die oben erläuterte Form zum Schutz des Pferdes ist, die Vereinbarung einer Schenkung unter Widerrufsvorbehalt oder ein Vorkaufsrecht zu einem festen Kaufpreis in einem normalen Kaufvertrag (Vorkaufsrecht in Höhe des gezahlten Kaufpreises).

Auch eine Nutzungsüberlassung ist eine pferdegerechte Möglichkeit, wird in der Praxis aber nachvollziehbar selten gewählt. Wer übernimmt die vollständigen Kosten für ein Pferd, mit dem er nur machen darf, was der Eigentümer ihm vorschreibt?

Jennifer Stoll
Rechtsanwältin